Schadensersatz im Urheberrecht am Beispiel von Pippi Langstrumpf

Das Urheberrecht regelt die rechtlichen Beziehungen eines Urhebers zu seinem Werk, also den Ergebnissen von geistigen Erzeugnissen. An anderer Stelle haben wir bereits erläutert, wann eine kreative Arbeit überhaupt durch das Gesetz geschützt wird: Kraweel! – Oder die Entstehung von urheberrechtlichem Schutz.

 

In diesem Beitrag soll aufgezeigt werden, was einer der Konsequenzen ist, wenn das Urheberrecht verletzt wird. Denn wenn eine rechtswidrige Nutzung eines geschützten Werkes festgestellt wird, dann kommt es dem Verletzten neben weiteren Ansprüchen (wie z.B. dem Unterlassungsanspruch) oft auch auf Schadensersatz an.

 

Um zu erklären, nach welchen Grundlagen der Schadensersatzanspruch im Urheberrecht beziffert werden kann, soll ein Urteil des Landgericht Köln als roter Faden dienen. Auf die Entscheidung hat Rechtsanwalt Dr. Graef hingewiesen (Landgericht Köln, Urteil vom 10.08.2011; Az: 28 O 117/11). Die Richter aus Köln haben einen großen deutschen Discounter für den einwöchigen Verkauf von Pippi Langstrumpf Kostümen und die Bewerbung dieser Kostüme mit dem Bildnis von Pippi Langstrumpf zur Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr von  50.000 EUR verurteilt. Aber der Reihe nach.

 

Rechtsgrundlage für Schadensersatz

 

Nach § 97 Absatz 1 Urhebergesetz (UrhG) ist es verboten, die Rechte des Urhebers ohne dessen Einverständnis zu verwenden. Das bedeutet, dass man ungefragt ein geschütztes Werk nicht verwerten (vervielfältigen, verbreiten, usw.) darf. Um diesen Schutz zu gewährleisten enthält das Urheberrechtsgesetz eine Reihe von Ansprüchen, die dem Urheber im Verletzungsfall zustehen. Ist eine Verletzung des Urheberrechts erst mal festgestellt, kommt schnell die Frage, was man als Schadensersatz verlangen kann.

 

Auch wenn die Verletzung des Urheberrechts nur fahrlässig (also ohne böse Absichten) geschieht, dann ist der Täter trotzdem zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet. Allerdings gibt das Urheberrecht keine klare Regelung her, die eine konkrete Berechnungsgrundlage enthält. Von daher gibt es verschiedene Berechnungsmethoden, die abhängig von der Art des Werkes herangezogen werden können.

 

In dem erwähnten Fall mit Pippi Langstrumpf hat das Gericht der fiktiven literarischen Figur auch losgelöst von den Geschichten einen selbständigen urheberrechtlichen Schutz zugesprochen. Die Figur „Pippi Langstrumpf“ sei als literarische Gestalt „schon aus sich heraus derart unverwechselbar und auch einzigartig“. Daraus habe sie auch losgelöst von ihrer charakterlichen Darstellung urheberrechtlichen Schutz. Das hatte für den Discounter zur Folge, dass bereits die Übernahme äußerlicher Merkmale wie der roten Haare, der Sommersprossen oder der wild gewürfelten Kleidung ausgereicht hat, um eine Verletzung zu bejahen. Demnach haben die Verletzten (hier die Firma Saltkråkan AB, deren Gesellschafter die Erben Astrid Lindgrens sind) einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Discounter aus § 97 Absatz 1 UrhG.

 

Höhe des Schadensersatzes

 

Für derartige Fälle von Urheberrechtsverletzung gibt es drei Arten der Schadensberechnung:

 

Die Berechnung der Forderung anhand des konkreten Schadens ist am einleuchtendsten, aber zugleich am schwersten zu beweisen. Denn diesen kann man nur geltend machen, wenn z.B. nachweisbar ist, dass jeder Käufer eines gefälschten Produktes ansonsten das Originalprodukt gekauft hätte: Vor Gericht ist dies nur in seltenen Fällen möglich.

 

Daher behilft man sich mit einer fiktiven Schadensberechnung im Rahmen der sog. Lizenzanalogie. Bei dieser Schadensberechnung ist darauf abzustellen, was der Verletzer gezahlt hätte, wenn er die Lizenz ordnungsgemäß erworben hätte. Das heißt, es kommt auf den objektiven, sachlich angemessen Wert einer vertraglich eingeräumten Benutzung an. Bei der Lizenzanalogie kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Schaden entstanden ist. D.h. in dem Rechtstreit mussten die Kläger nicht beweisen, dass durch die unerlaubte Nutzung von „Pippi Langstrumpf“ ein konkreter Schaden entstanden ist. Vielmehr ist das Gericht hier wohl davon ausgegangen, dass bei einer ordnungsgemäßen Lizensierung der Rechte mindestens ein Betrag von 50.000 EUR entstanden wäre.

 

Weiter besteht je nach Einzelfall auch ein Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns. Danach hat der Verletzer den Gewinn herauszugeben, der auf die verletzende Handlung zurück geht. So ist beispielsweise denkbar, dass in dem „Pippi Langstrumpf“-Fall die Verletzten den Gewinn der verkauften unlizensierten Ware nach Abzug (Herstellerkosten,etc.) verlangt hätten.

 

Fazit

 

Bei der Berechnung der Schadenshöhe gibt es im Urheberrecht verschiedene Wege, die von der Art des Werkes und der Art der Verletzung abhängig sind. Dem Verletzten steht ein Wahlrecht zu, welchen Schaden er für die Urheberrechtsverletzung verlangt. Meist, so wie in diesem Fall, fällt die Entscheidung auf die Lizenzanalogie, da hier der aussichtsreichste Weg liegt, einen angemessenen Schadensersatz zu erhalten.

 

Der Schadensersatzanspruch ist aber nur einer von drei wichtigen Punkten, die man im Urheberrecht bei der Verletzung der eigenen Rechte beachten muss: Daneben kommt z.B. noch der Anspruch auf Unterlassung der Verletzungen (zum Beispiel Entfernung aller „Pippi Langstrumpf“-Kostüme aus den Discountern sowie Unterlassung dieses Verhaltens für die Zukunft) in Betracht.

 

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

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  2. Trotz aller üblicher Schutzmaßnahmen ist man hier den Schadenersatzforderungen hilflos ausgeliefert. Wenn große Firmennetzwerke von Bots geknackt werden, wie soll man sich privat schützen. Eigentlich ein Wahnsinn was hier in Deutschland möglich ist. Stephan.

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