Street Art & Urheberrecht

In Berlin sieht man an jeder Ecke Graffiti, ob an U- oder S-Bahnen, an Hauswänden, in Bahnhöfen oder auf dem Gehweg. Manche Darstellungen sind künstlerisch gelungen andere wirken mehr wie bloße Schmierereien.

Street Art beeinflusst das Stadtbild ungemein und regt viele Menschen zum Anhalten und Fotografieren an und so landen viele von diesen Street Art Werken im Internet auf Blogs oder Instagram, Facebook, usw. Außerdem findet man auch viele Postkarten mit Berliner Graffiti o.ä., aber dürfen diese Werke eigentlich einfach so fotografiert und verwendet werden? Bzw. sind diese Werke überhaupt geschützt?

Sind diese Werke (trotz rechtswidriger Sachbeschädigung) geschützt?

Grundsätzlich können Graffitis urheberrechtlichen Schutz genießen. Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 23.02.1995 (Az. I ZR 68/93) bereits anerkannt. Für urheberrechtlichen Schutz bedarf es allerdings, dass das entsprechende Werk die sog. „Schöpfungshöhe“ erreicht hat, § 2 I Nr. 4 UrhG. Das bedeutet, dass das Bild, der Schriftzug des Künstlers einen individuellen Charakter haben muss, der sich von dem Alltäglichen unterscheidet. Dabei ist es irrelevant, ob ein Graffiti als schön oder künstlerisch wahrgenommen wird, sondern vielmehr, dass das Werk Ausdruck eines individuellen Charakters, einer individuellen Botschaft oder Ähnlichem ist. Es ist hier also zu erwähnen, dass nicht alle Graffitis große Kreativität oder geistigen Inhalt widerspiegeln.  Allerdings sind die Grenzen fließend und es kommt jeweils auf den Einzelfall an, ob ein Werk geschützt ist oder nicht.

Zumeist werden beim Graffiti sprayen fremde Wände benutzt. Hierbei kann der Sprayer sich gem. § 303 StGB strafbar machen, wenn er dies ungefragt ohne Erlaubnis tut. Hierdurch werden die Rechte der Künstler aber nicht beeinträchtigt. Diese bestehen vielmehr neben den Eigentumsrechten des entsprechenden Eigentümers.

Sowie das Urheberrecht an der Geschichte beim Autor (bzw. Verleger) bleibt, so hat doch der Erwerber des Buches Eigentum an dem Buch selbst und kann mit diesem machen was er möchte. Dementsprechend ist es auch dem Eigentümer der Hauswand beispielsweise erlaubt, das Kunstwerk zu entfernen, also zu vernichten. Ebenso kann er die Kunst auch veräußern, denn das Kunstwerk wurde ihm „aufgedrängt“. Er würde unter anderen Umständen in seinem grundrechtlich geschützten Recht am Eigentum (Art. 14 GG) so sehr beschränkt, dass er es nicht mehr (alleine) ausüben könnte. Die Interessen des Eigentümers sind in diesen Fällen gewichtiger und daher vorrangig vor dem Urheberrecht des Sprayers.

Verwertung von Street Art auf Postkarten, Kunstdrucken etc.

Wie bereits erwähnt ist nicht jede Art von Graffiti oder Street Art urheberrechtlich geschützt. Werke, die die Schöpfungshöhe nicht erreichen dürfen ausnahmslos verwendet werden, ohne dass der Sprayer beispielsweise dies verhindern könnte. Zumeist findet man Graffiti oder sog. Street Art an öffentlichen Plätzen.

Deswegen gilt hier grundsätzlich die sog. Panoramafreiheit (§ 59 UrhG). Hiernach ist es zulässig Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden zu fotografieren oder zu malen etc. und diese Bilder davon zu verbreiten, ohne dass es der Einwilligung des Künstlers bedürfe. Jedoch gibt es die Pflicht eine Quellenangabe zu machen. Diese entfällt allerdings nach § 63 I UrhG, wenn „die Quelle weder auf dem benutzten Werkstück oder bei der benutzten Werkwiedergabe genannt noch dem zur Vervielfältigung Befugten anderweitig bekannt ist“.

Problematisch wird es bei der Panoramafreiheit aber dann, wenn das Kunstwerk nicht permanent ist. Denn Voraussetzung für das Privileg der Panoramafreiheit (also die Erlaubnis der Werknutzung ohne Einwilligung) ist, dass sich das Werk bleibend im Straßenbild befindet. Bei Street Art, die nicht auf Dauer angelegt ist, wie bspw. bei Kreide, Reverse Graffiti oder Paste-Ups wird man daher nicht auf die Panoramafreiheit zurückgreifen können.

Es bleibt aber noch das Namensnennungsrecht des Künstlers aus § 13 UrhG. Bei einem Werk der bildenden Kunst erfolgt die Urheberbezeichnung in erster Linie mit der Signierung des Werkes. Zumeist werden Graffitis aber nicht unterzeichnet. Dies lässt aber nicht auf einen generellen Verzicht auf die Namensnennung schließen. Grundsätzlich steht dem Künstler weiterhin das Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung an seinem Werk zu – dies darf auch nicht verhindert werden (BGH, I ZR 42/04).

Ob sich aus § 13 I UrhG ein allgemeiner Anspruch des Urhebers herleiten lässt, dass sein Name bei der Werknutzung genannt wird, hat der BGH bewusst offen gelassen. In der Begründung zu § 13 des Regierungsentwurfs, der unverändert Gesetz wurde heißt es: „Ein allgemeines Recht des Urhebers die Angabe seines Namens bei jeder Nutzung seines Werks zu verlangen sieht der Entwurf nicht vor“. Demnach dürfte also im Einzelfall zu sehen sein, ob eine Nennung als wichtig erscheint und daher geboten ist oder nicht.

Fazit

Street Art ist für die Allgemeinheit in der Öffentlichkeit frei zugänglich und kann daher auch fotografiert und anderweitig vervielfältigt werden. Ebenfalls braucht es nicht der Einwilligung des Künstlers, um die entsprechenden Fotos verwerten zu dürfen. Je nachdem, ob die Schöpfungshöhe erreicht ist bleibt dem entsprechenden Künstler lediglich ein Anspruch auf Namensnennung,  jedenfalls dann wenn er sein Werk signiert hat.

2 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. falsch: auch z.B. Paste-Ups sind auf Dauer und nicht auf einen bestimmten kurzen Zeitraum angelegt. Auch wenn die Dauer z.B. durch Witterungseinflüsse begrenzt ist, fallen Paste Ups daher unter die Panoramafreiheit (§ 59 Abs. 1 UrhG). Die Tatsache, das diese im Zweifel nicht bleibend sind, liegt eben nicht daran, das die Künstler sie nicht dauerhaft präsentieren wollen.

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