Der Anspruch auf Urteilsbekanntmachung im Urheberrecht

Immer dann, wenn eine Rechtsverletzung „öffentlich“ stattfindet, stellt sich die Frage nach einer Aufklärung der Interessenten der Öffentlichkeit, nachdem ein Rechtsstreit geklärt ist.

Der Anspruch auf Urteilsbekanntmachung dient der Beseitigung einer Beeinträchtigung, die aufgrund einer Rechtsverletzung, einer unzutreffenden Urheberrechtsberühmung oder auch eines unzutreffenden Plagiatsvorwurfs eingetreten ist und die auch nach nach Beendigung dieser Handlung fortbesteht. Er steht der obsiegenden Partei im Rechtsstreit zu und ist in § 103 UrhG geregelt.

Voraussetzungen

Die Einzelnen Voraussetzungen des Urteilsbekanntmachugsanspruchs sind die Folgenden:

1. Obsiegen im Klageverfahren

Derjenige, der die Veröffentlichungsbefugnis beantragt, muss in einem ordentlichen Klageverfahren aufgrund des Urhebergesetzes obsiegt haben. D.h. es muss sich um eine Klage handeln, in der es um eine Urheberrechtsstreitigkeit geht. Urteile in Einstweiligen Verfügungsverfahren sind dabei nicht erfasst.

2. Berechtigtes Interesse an der Bekanntmachung

Nicht in jedem Fall des Obsiegens steht die Veröffentlichungsbefugnis zu. Vielmehr muss die obsiegende Partei auch ein berechtigtes Interesse an der Bekanntmachung haben. Hierbei sind die entstehenden Vor- und Nachteile der Parteien durch Nichtveröffentlichung abzuwägen. Ein berechtigtes Interesse des verletzten ist jedenfalls in folgenden Fällen anzunehmen: bei typischer Piraterie, bei nicht nur unerheblicher Urheberpersönlichkeits-rechtsverletzung (Anerkennung der Urheberrschaft, Entstellung) oder auch bei Marktverwirrung (über die Inhaberschaft der rechte oder die Erforderlichkeit von Lizensierung). Weiterhin kann hier auch das Verhalten des Verletzers relevant sein.

3. Umfang

Auch der Umfang der Veröffentlich muss verhältnismäßig sein. Es ist demnach nur das Rubrum und der Urteilstenor zu veröffentlichen, wenn dies für das Verständnis von Außenstehenden genügt. Wichtig ist, dass für jemanden der nichts von dem Prozess wusste, klar wird was der Streitpunkt war. Bei Klageabweisung wird daher zumindest ein Teil der Urteilsgründe veröffentlicht werden müssen. Hierbei muss vom Gericht darauf geachtet werden, dass der Unterlegene nicht unnötig diffamiert wird. Im Übrigen darf die Bekanntmachung auch jeweils erst nach Eintritt der Rechtskraft bekannt gemacht werden. Dann jedenfalls aber innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt der Rechtskraft. Möglich ist aber die Anordnung einer vorläufige Vollstreckbarkeit im Einzelfall.

Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird der obsiegenden Partei die Befugnis zu gesprochen das Urteil bzw. einen Teil davon auf Kosten der unterliegenden Partei zu veröffentlichen.

Beispiele aus der Rechtsprechung

1. „Disney- Parodie“

In seiner Entscheidung vom 26.03.1971 (I ZR 77/69) bejahte der BGH den Anspruch auf Urteilsbekanntmachug. Die Beklagte und unterlegene Partei war der Verlag einer Satire-Zeitschrift, die eine Bildergeschichte von Hans Draxler veröffentlichte. Hierbei wurden Diesney-Figuren verwendet. Die Klägerin war die Inhaberin der Verwertungsrechte des Künstlers Walt Disney. Ausschlaggebend war für den BGH, dass der Beklagte gegenüber seinen Lesern behauptete, dass er zur Verbreitung der die Disney-Figuren enthaltenden Bildergeschichte berechtigt sei. Dies führte zur Annahme eines berechtigten Interesses an der Richtigstellung des Sachverhalts gegenüber den Lesern.

2. „Stadtbahnfahrzeug“

In der Entscheidung des OLG Celle (GRUR-RR 2001, 125, 126) wurde ein Fall besonderer Dinglichkeit bejaht und die vorläufige Vollstreckbarkeit zugestanden. Hier sollte ein Stadtbahnwagen auf der Weltausstellung mit einer falschen Urheberrechtsbezeichnung vorgestellt werden und die Ausstellung fand vor Rechtskraft statt.

Allerdings ist bei späterer Abänderung des bis dato nicht rechtskräftigen Urteils, das spätere abgeänderte Urteil ebenfalls bekannt zu machen, wobei erneut eine Interessenabwägung stattzufinden hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.1997 -I ZR 79/95, GRUR 1998, 568, 570 Beatles-Doppel-CD).

3. „Bauhaus-Klassiker“

In der Entscheidung des LG Hamburg (vom 02.01.2009, Az: 308 O 255/07) ging es darum, dass der Beklagte „Plagiate“ der Bauhaus-Möbel-Klassiker verkaufte, zum Verkauf anbot und dafür warb. Eine Veröffentlichung war hier insbesondere deshalb geboten, da auch die breite Öffentlichkeit als potentielle Kunden betroffen waren und darüber informiert werden sollte, dass das Anbieten der Möbel eine Verletzung urhebergesetzlich geschützter Recht darstellt.

Des Weiteren wurde in diesem Fall wiederholt großflächige oder auffällige Anzeigen in Tageszeitungen geschaltet, wobei nicht nur die streitgegenständlichen Möbelstücke mit Abbildungen und den Originalbezeichnungen beworben wurden, sondern insbesondere in aggressiver Weise der wesentlich günstigere Preis herausgestellt. Dem Leser wurde so der Eindruck vermittelt, er bekäme bei den Beklagten die gleiche Leistung zu einem wesentlich günstigeren Preis. Eine entsprechende Aufklärung der Leser durch die Urteilsveröffentlichung sah das Gericht daher als angemessen und erforderlich.

Fazit

Es sind nur relativ wenige Fälle bekannt, in denen von der Veröffentlichungsbefugnis Gebrauch gemacht wird. Zu meist wird diese hauptsächlich in eindeutigen Fällen zugestanden. Die Notwendigkeit der Bekanntmachung eines Urteils wegen einer Urheberrechtsverletzung ist nicht allein anhand des Verhältnisses von Urheber und Verletzer festzumachen.

Urheberrechtsstreitigkeiten betreffen eben nicht nur den Verletzer und den Urheber oder den Rechteinhaber, sondern auch Dritte. Diese können insofern tangiert sein, als dass bei einem Plagiat derjenige, der dieses vervielfältigt, auf Unterlassung und unter Umständen auch strafrechtlich nach § 106 UrhG in Anspruch genommen werden kann.

Ziel des Urteilsbekanntmachungsanspruchs ist es nicht nur die fortwirkende Störung zu beseitigen, sondern auch den eingetretenen materiellen und ideellen Schaden zu mindern, sowie Dritte durch die Bekanntmachung vor Schäden zu wahren. Werden Dritte rechtzeitig durch eine Bekanntmachung „gewarnt“, so ist auch der Urheber besser geschützt, da durch die Bekanntmachung ggf. Rechtsverletzungen verhindert werden können. Aufgrund diesen Gedankens gibt es auch im Markenrecht eine vergleichbare Regelung, § 19c MarkenG.

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