Oft rechtswidrig: Veröffentlichung fremder E-Mails

Plötzlich hat man eine E-Mail von einem Dritten vorliegen und dann kommt die Frage, unter welchen Bedingungen diese veröffentlicht werden darf.

Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat nutzen etwa 85 Prozent der Deutschen inzwischen E-Mails. Dabei stellt die „electronic mail“, eine auf dem elektronischen Weg in Computernetzwerken übertragene, briefähnliche Nachricht dar. Diese Definition ist juristisch bedeutsam, da zum Beispiel in den Bereich der Geheimsphäre dann darunter nicht nur persönliche Briefe gezählt werden können, sondern gerade auch sämtliche schriftliche und elektronische Aufzeichnungen, wie E-Mails.

Veröffentlicht beispielsweise jemand eine privat vertraulich versendete E-Mail, so stellt sich die Frage ob und inwieweit derjenige rechtswidrig gehandelt hat.

Umweg über das Urheberrecht zur Verhinderung der Veröffentlichung von E-Mails

Eher seltener wird es sich um literarisch wertvolle E-Mails handeln, die veröffentlicht werden (sollen). Aber der Umweg über das Urheberrecht dient oft dazu, unliebsame Veröffentlichungen zu untersagen.

An eine urheberrechtliche Verletzung ist deswegen zu denken, weil der Verfasser der E-Mail sogleich auch Urheber ist und der Inhalt der E-Mail in der Regel eine geistige Schöpfung darstellt.
Damit hat nur er allein die Ermächtigung über die Rechte der Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG, der Verbreitung i.S.d. § 17 UrhG und des öffentlichen Zugänglichmachens i.S.d. § 19a UrhG zu verfügen. Folglich wäre der Tatbestand für einen Unterlassungsanspruch aus § 97a Abs. 1 S. 1 UrhG i.V.m. §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB erfüllt.

Das Persönlichkeitsrecht als Schutz eigener E-Mails

Ebenso könnte durch die unbefugte Veröffentlichung einer E-Mail eine Persönlichkeitsrechtsverletzung aus Art. 2 Abs. 1 GG im Raum stehen, denn auch der Schutz des geschriebenen Wortes und der Geheimsphäre unterliegt dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Dabei hielt zum Beispiel das LG Cottbus richtigerweise in seinem Urteil vom 9.11.2019 – Az. 1 O 251/19 fest, dass „jeder ein Recht auf Geheimhaltung seines Wortes und darauf hat, nicht den Blicken der Öffentlichkeit ausgesetzt zu sein, wenn er dies nicht möchte […].“

Dies entspringt dem Grundsatz der Geheimsphäre, verstößt man dagegen so stellt es einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar.

Dieser Eingriff kann jedoch gerechtfertigt sein, wenn gegenüber dem Interesse an der Privatheit, ein überragendes Informationsinteresse der Allgemeinheit an der Veröffentlichung der 1:1 wiedergegebenen E-Mail besteht.

Dieses Interesse kann jedoch durch das wortgleiche Wiedergeben einer gesamten, oftmals sehr vertraulichen E-Mail aber in der Regel nur selten angenommen werden, da es für das Informieren der Öffentlichkeit nicht zwingend der wörtlichen Wiedergabe der E-Mail bedarf. Es könnte nämlich genauso gut nur der Sinngehalt des Schriftstückes wiedergegeben werden.

Allerdings muss ebenso festgehalten werden, dass je bekannter der Betroffene ist, desto mehr muss diese Person in der Öffentlichkeit eine Berichterstattung mit eventuellen vertraulichen Dokumenten dulden.

Weiterhin tritt der Schutz der Privatsphäre vor der öffentlichen Kenntnisnahme dann zurück, wenn sich die Person selbst oder konkludent mit der Veröffentlichung einverstanden erklärt hat, so dass gewisse, allgemein als vertraut geltende Begebenheiten veröffentlicht werden dürfen (BVerfG NJW 2006, 3406).

Fazit

Ein abschließendes Ergebnis zur Thematik des unbefugten Veröffentlichen von E-Mails ist demzufolge nicht möglich. Es ist wie so oft eine Einzelfallentscheidung, die letztendlich wohl einer Gerichtsentscheidung bedarf. In diesem Fall entscheiden dann die Richter nach Ermessen und wiegen das Persönlichkeitsrecht des Verfassers gegen das Informationsinteresse der Allgemeinheit  ab.

1 Kommentar Schreibe einen Kommentar

  1. Ich habe die Vermutung, dass mein Chef meine Mails mitliest. Gut zu lesen, dass dies ein Eingriff in die Privatsphäre ist und somit rechtswidrig. Aber einen Rechtsanwalt möchte ich noch nicht einschalten.

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