Thilo Sarrazin ist ja nun nicht gerade für seinen lieblichen Umgang bekannt. Aktuell hat er aber für Aufmerksamkeit gesorgt, weil er sich in der Verteidigerrolle wiedergefunden hat. Sarrazin hat sich gegen eine Äußerung in der „tageszeitung“ gewehrt, weil er sich diffamiert gefühlt hatte und darin eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sah.
In dem Rechtsstreit, der vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (16 W 36/12) ausgetragen wurde, ging es um die sogenannte „Schmähkritik“ und deren rechtliche Grenzen.
Sarrazin wollte mit der Unterlassungsklage verhindern, dass eine konkrete Äußerung von der taz weiter verbreitet wird. Konkret ging es dabei um folgende Passage:
„[Sarrazin] wird inzwischen von Journalisten benutzt wie eine alte Hure, die zwar billig ist, aber für ihre Zwecke immer noch ganz brauchbar, wenn man sie auch etwas aufhübschen muss … fragt sich nur, wer da Hure und wer Drübersteiger ist?“
Mit seinem Anliegen scheiterte Sarrazin in beiden Instanzen. Die Gerichte sind der Auffassung, dass er als Person des öffentlichen Lebens gewisse Einschränkungen seines Persönlichkeitsrechts hinnehmen muss. Außerdem, so die Richter, stehe bei der Äußerung nicht seine Person an sich im Fokus, sondern eher sein Verhältnis zu Journalisten. Auch die drastischen Äußerungen hielten die Richter nicht für rechtswidrig, da Unschädlich sei, da auch polemische und überspitzte Kritik von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt sind.
Das Urteil zeigt, dass die Einordnung einer verbotenen Schmähkritik nicht immer leicht fällt. Die Meinungsfreiheit ist durch das Grundgesetz (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) geschützt und findet ihre Schranken insbesondere im Ehrschutz und den allgemeinen Gesetzen. Ein klassisches Beispiel für eine der Schranken ist die Beleidigung, geregelt in § 185 StGB.
Eine Äußerung ist auch dann noch zulässig und noch nicht als verbotene Schmähkritik zu werten, wenn sie polemisch überspitzt oder gar ausfällig ist.
Für die Einordnung als rechtswidrige Schmähkritik spielen folgende Punkte eine Rolle:
- Die Schmähkritik zeichnet sich besonders durch eine diffamierende Äußerung ohne sachlichen Bezug aus.
- Bei Kritik an einem tatsächlichen Anlass, die Anknüpfungspunkte für eine drastische Äußerung sind, liegt oft keine Schmähkritik vor.
- Besonders weit sind die Grenzen insbesondere bei Politikern, vor allem, wenn diese selber durch entsprechende Äußerungen bekannt sind.
- Eine Rolle spielt auch, ob der Äußernde (dem die Schmähkritik vorgeworfen wird) erst aufgrund einer vorherigen drastischen Äußerung reagiert hat. Dies ist kein Freifahrtschein für eine Schmähkritik, aber als Angegriffener hat man als Reaktion einen anderen Spielraum für eine zulässige Äußerung.
Die Einordnung als Schmähkritik ist also nicht immer einfach. Es kommt auf die Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und der Meinungsfreiheit des Äußernden an, wobei im Vordergrund steht, dass die Meinung einer Person nur in engen Grenzen verboten werden kann.
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