Schriftliche Verträge werden mitunter als lästiges Übel angesehen. Gerade wenn es um die schnelle Umsetzung von Projekten geht, will man den Kunden nicht durch lange Vertragsverhandlungen abschrecken.
Zwei aktuelle Urteile zeigen aber, warum die schriftliche Fixierung der Vertragspflichten wichtig ist. Denn spätestens wenn es Unstimmigkeiten zwischen Agentur und Kunden gibt, zeigt sich die Wichtigkeit eines Vertragstextes.
Fall 1: Ist eine Agentur zur Markenrecherche verpflichtet?
Das Kammergericht Berlin hatte zu klären, ob eine Werbeagentur, die mit der Erstellung eines Logos beauftragt wurde, zu einer markenrechtlichen Prüfung verpflichtet ist (Az. 19 U 109/10).
Hintergrund der Entscheidung war die Frage, ob der Kunde einen Schadensersatzanspruch gegen die Agentur hat, wenn es wegen des erstellten Logos zu markenrechtlichen Probleme mit Dritten gekommen ist.
Da hier kein schriftlicher Vertrag bestand – bzw. dieser Punkt nicht geklärt war – musste das Gericht die Rechte und Pflichten beider Seiten anhand einer Vertragsauslegung bestimmen.
Zunächst haben die Richter eine Pflicht der Agentur zur Markenrecherche verneint. Zwar erkennen die Richter an, dass die Ergebnisse einer Agentur rechtmäßig sein müssen, stellen aber zugleich klar, dass in diesem Fall die grafische Erstellung im Vordergrund gestanden hat und eine Markenrecherche nicht geschuldet war. Dies wurde hier in wesentlichem aufgrund der vereinbarten Vergütung ausgelegt. Denn hier wurde ein Preis von 770 EUR vereinbart, bei dem nach Ansicht des Kammergerichts…
„[…] ohne ausdrückliche Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden konnte, dass die [Agentur] neben der Erstellung des Logos auch noch eine umfangreiche und kostenintensive Markenrecherche durchführen würde. Eine solche wäre nämlich bei einer Vergütung von 770,00 EUR ganz offenkundig weder kostendeckend noch mit hinreichender Verlässlichkeit von der [Agentur] zu erbringen gewesen.“
Die logische Folgefrage für die Richter war, ob die Werbeagentur darauf aufmerksam machen musste, dass eine Markenrecherche nicht zum Leistungsumfang gehörte. Denn wenn hier eine allgemeine Aufklärungspflicht bestanden hätte, dann ließe sich aus einer fehlenden Aufklärung durchaus auch ein Schadensersatzanspruch herleiten.
Diese Hinweispflicht hat das Kammergericht verneint. Dies wurde wie folgt begründet:
„Die [Agentur] war unabhängig davon bereits nicht zur gesonderten Aufklärung verpflichtet. Es besteht nämlich keine allgemeine Rechtspflicht, den anderen Teil über alle Einzelheiten und Umstände aufzuklären, die dessen Willensentschließung beeinflussen könnten […] Vielmehr ist grundsätzlich jede Vertragspartei für ihr rechtsgeschäftliches Handeln selbst verantwortlich und muss sich deshalb die für die eigene Willensentscheidung notwendigen Informationen auf eigene Kosten und eigenes Risiko selbst beschaffen. Eine ungefragte Aufklärung kann der Vertragspartner redlicherweise nur verlangen, wenn er im Rahmen seiner Eigenverantwortung nicht gehalten ist, sich selbst über diese Tatsache zu informieren und darüber hinaus ein Informationsgefälle zu seinen Lasten besteht […].“
Durch diese Entscheidung wurde dem Agenturkunden wesentliche Eigenverantwortung auferlegt.
Grundsätzlich ist eine Werbeagentur also nicht dazu verpflichtet, einen Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass die Erstellung eines Logos ohne begleitende Markenrecherche vorgenommen wird. Ein solche Pflicht zur gesonderten Aufklärung besteht regelmäßig nicht. Dies gilt umso mehr, wenn sich aufgrund einer eng gefassten Leistungsbeschreibung und der Vereinbarung einer vergleichsweise niedrigen Vergütung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass eine (kostenintensive) Markenrecherche von der beauftragten Werbeagentur nicht vorgenommen werden wird.
Fall 2: Sind Werbetexte und Produktbeschreibungen urheberrechtlich geschützt?
Der zweite Fall drehte sich um die Frage, ob Werbetexte (hier: Produktbeschreibungen für Markenschuhen), urheberrechtlich geschützt sind.
Zwar wurde hier vor dem OLG Köln (Az. 6 U 82/11) nicht zwischen einer Agentur und einem Kunden gestritten, sondern zwischen zwei Wettbewerbern, von dem der eine die Produktbeschreibung des anderen übernommen hat.
In der Entscheidung wurde klargestellt, dass auch Werbetexte urheberrechtlich geschützt sein können. Je länger ein Text ist, desto wahrscheinlicher ist der urheberrechtliche Schutz, da mit der Länge eines Textes auch die Gestaltungsmöglichkeiten zunehmen. Damit steigt die Möglichkeit, dass ein Text eine hinreichende Schöpfungshöhe erreicht. Zu dem Prinzip der Schöpfungshöhe als Voraussetzung für den Urheberrechtsschutz haben wir an dieser Stelle ausgeführt.
Das Urteil zeigt, dass es für Werbeagenturen, die mit der Erstellung von Texten beauftragt werden, die Regelung der urheberrechtlichen Besonderheiten wichtig ist. Denn wenn die Agentur mit dem Kunden nichts vereinbart hat, dann müssen die Vertragsparteien auf das Gesetz zurückgreifen und zwar auf das Urheberrecht. So ist beispielsweise denkbar, dass ein Kunde den von der Agentur erstellten Werbetext für einen ganz anderen Zweck verwendet und die Agentur dagegen vorgehen will oder eine Nachvergütung verlangt. Ist der Zweck vertraglich geregelt, lässt sich der Anspruch mitunter klarer bejahen oder ablehnen. Fehlt eine Regelung, dann hat dies eine schwammige Vertragsauslegung zur Folge.
Fazit und Handlungsempfehlung
Beide Auseinandersetzungen zeigen aus Agenturensicht, wie wesentlich ein schriftlicher Vertrag sein kann. Gerade bei der Frage, was genau geschuldet ist und was nicht, kann ein Vertrag und eine entsprechende Leistungsliste viele Unklarheiten und Streitigkeiten vermeiden.
Aber auch wenn es darum geht, was der Kunde mit den kreativen Ergebnissen einer Agentur machen kann, bringt eine vertragliche Festlegung beiden Vertragsparteien mehr Sicherheit.
Hi,
google hat mich zu diesem Artikel geführt. Vielen Dank für die Informationen. Für mini-Unternehmer ist es wirklich immens wichtig sich ordentlich zu informieren bevor man seine Geschäfte macht, sonst drohen böse Fallen !!
Es ist wirklich schade dass in unserer Zeit, wo wir uns doch alle so gebildet vorkommen, die zahlreichen Gesetze und Regelungen nicht ausreichen und man trotzdem für jede Kleinigkeit einen mehrseitigen Vertrag aufsetzen muss.
Gerade im ersten Fall (Logoentwicklung) finde ich die Entscheidung des Gerichts sehr gut. Es kann doch nicht im Sinne unserer Gesellschaft sein dass man auf einem Angebot auch noch Dinge aufführen muss die nicht zum Leistungsumfang gehören.
Die Regulierungswut der EU scheint immer größere Auswirkungen auf uns zu haben so dass sich niemand mehr genötigt fühlt selbst zu denken.
Ich finde es auch grausam, jede Eventualität vohrher regeln zu müssen, damit eine Agentur dann nicht wegen noch so eigentlich selbstverständlichen Dingen im Nachhinein ständig die Chance-Request-Keule schwingen zu können. Aber besser wirds nicht mehr, eher schlimmer. Sieht man ja schon an dem ersten Beispiel.