Die immerwährende Freude an der Selbstdarstellung hat sich ihren Weg über zumeist harmlose „Selfies“ nun auch auffallend häufig in die Schlafzimmer der Weltbevölkerung gebahnt.
Der Einfachheit halber mit einem internetfähigen Smartphone aufgenommen und fahrlässiger Weise sogar in einer Cloud gespeichert, schweben diese delikaten, wohl privatesten Aufnahmen überhaupt für den gewieften Internetnutzer – und damit im Endeffekt jedermann – zugänglich in der Internetatmosphäre herum.
Die Rechtsprechung
Die Möglichkeit und vor allen Dingen die Ausmaße und Folgen einer ungewollten Veröffentlichung solcher Privataufnahmen zeigt der jüngste Nacktbilderskandal der führenden Riege von Hollywoodschauspielerinnen, die ihre Bilder nun bis zum jüngsten Tage in der breiten Öffentlichkeit wissen und lässt die deutsche Rechtsprechung neue Maßstäbe in Bezug auf den Bereich erotischer Bildaufnahmen setzen: Das Oberlandesgericht Koblenz hat in seiner Entscheidung vom 20.05.2014 (3 U 1288/13) bestätigt, dass erotische Bildaufnahmen, die während einer Liebesbeziehung einvernehmlich aufgenommen wurden, nach der Trennung gelöscht werden müssen, wenn der bzw. die Aufgenommene dies wünscht.
Hintergrund der Entscheidung waren neben beanstandungslosen Freizeitbildern erotische Bildaufnahmen der Klägerin, die während einer außerehelichen Liebesbeziehung mit dem Beklagten (einem Fotografen) mit dem Einverständnis der Klägerin von diesem angefertigt wurden und die Klägerin unbekleidet, unter anderem vor, während und nach dem Liebesspiel zeigten. Nach der Trennung forderte die Klägerin die Löschung aller Bilder, obwohl diese niemals an die Öffentlichkeit geraten waren, was der Ex-Geliebte allerdings erwartungsgemäß ablehnte.
Widerruf des Einverständnisses
Das Oberlandesgericht sprach der Klägerin nun einen Anspruch auf Löschung der Nacktfotos (aus §§ 823 Abs.1, 1004 BGB analog) zu, auch wenn diese mit ihrem Einverständnis aufgenommen worden waren. Letzteres war nach Ansicht des Gerichts jedoch wegen der besonderen Art der Bilder an die bestehende Liebesbeziehung als Zweckbestimmung geknüpft und so mit einem Widerrufsvorbehalt für den Falle einer Trennung erklärt worden.
Da es zu besagter Trennung gekommen war und die Klägerin die Löschung der Bilder verlangt hatte, waren nun das allgemeine Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts am eigenen Bild (Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG) der Klägerin mit dem Eigentumsrecht des Beklagten an den Aufnahmen (§ 903 BGB) und seiner Kunstfreiheit ( Art.8 Abs.1 GG) (der Exfreund betrachtete die Bilder als Kunst) abzuwägen, wobei das Allgemeine Persönlichkeitsrecht wegen der intimen, höchstpersönlichen Natur der Bilder überwog. Und obwohl der Beklagte keinerlei Anstalten gemacht hatte, die Aufnahmen zu veröffentlichen, sogar eine Verzichtserklärung unterzeichnet hatte, verpflichtete ihn das Gericht zur Löschung der Aufnahmen, angesichts der eingangs erwähnten latenten Gefahr einer ungewollten Veröffentlichung durch Dritte.
Die „normalen“ Bilder jedoch mussten nicht gelöscht werden, da sie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin so gering beeinträchtigten, dass das Interesse des Beklagten am Erhalt und Besitz der Nacktfotos in diesem Fall schwerer wog.
Fazit
Die Rechtsprechung befindet Nacktfotos (und damit auch entsprechende Filmaufnahmen) aus privaten Liebesbeziehungen und besonders solche mit sexuellem Bezug für so intim, dass allein die abgelichtete Person über ihr Bestehen oder Nichtbestehen entscheiden soll. Dies gilt unabhängig von einer Veröffentlichung der Aufnahmen und einer sonst für Bildaufnahmen verbindlichen Einverständniserklärung des „Motivs“. Unverfängliche Privataufnahmen aus der Beziehungszeit hingegen muss man hinnehmen, wenn man mit der Aufnahme einverstanden war.
Die Frage, die sich hier doch aufdrängt ist: Wie soll das durchgesetzt werden? Eine Hausdurchsuchung zur Kontrolle, dass keine Backups vorhanden sind, wäre wohl unverhältnismäßig. Bliebe also die Eidesstattliche Versicherung, er habe alles gelöscht kombiniert mit dem ziziehen der Vorhänge, bevor die CD mit den Backups aus der geheimen Schublade geholt wird.
Anders formuliert: Hätte der Fotograf nicht viel Zeit, Geld und Nerven sparen können, wenn er gesagt hätte, er habe bereits gelöscht?
Klar, der Fotograf hätte einfach eine Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung abgeben müssen. Damit wäre es dann erledigt gewesen.
Eine Versicherung an Eides statt wäre mit rechtlichen Mitteln nicht durchzusetzen.
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