Basics: Der Streitwert im Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Persönlichkeitsrecht

Bei einem Streitwert handelt es sich meist um eine Einschätzung des Werts der gerichtlichen Streitigkeit, aufgrund dessen die Gerichts- und Anwaltskosten berechnet werden. Diese richten sich nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).Der Streitwert ist von dem Gegenstandswert zu unterscheiden. Vom Gegenstandswert wird gesprochen, soweit es sich um eine außergerichtliche Streitigkeit handelt.

Bei der Berechnung des Streitwertes werden grundsätzlich alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt.

Die Höhe ist beispielsweise davon abhängig, ob es sich nur um einen Rechtsstreit im einstweiligen Verfügungsverfahren handelt oder um ein reguläres Klageverfahren. Relevant ist aber in erster Linie das jeweilige Rechtsgebiet, auf dem die Rechtsverletzung stattgefunden hat.

Streitwert im Wettbewerbsrecht

Auch in Wettbewerbsstreitigkeiten richtet sich der Streitwert von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen gemäß § 51 Absatz 2 – 5 GKG nach dem Ermessen. Dabei ist auf die Bedeutung der Sache für den Kläger bzw. Anspruchssteller abzustellen. Wie diese bewertet wird, richtet sich wiederum nach dem Einzelfall. Indizien bieten der Grad und die Intensität und Gefährlichkeit der Verletzungshandlung (vgl. BGH, Vers.-Urt. v. 12.5.2016, I ZR 44/15, Tz. 21). Der Streitwert ist „angemessen“ zu mindern, soweit die Sache für den Beklagten „erheblich“ geringer zu bewerten ist.

Weitere Kriterien sind unter anderem der Verschuldensgrad des Verletzers der beanstandeten rechtsverletzenden geschäftlichen Handlung, die Größe und Marktstellung des Unternehmens und der Umsatz.

Eine Übersicht zu Streitwerten im Wettbewerbsrecht:

  • Streitwert bei unzulässiger AGB-Klausel: 15.000 € (OLG Karlsruhe Beschl. v. 8.8.2016 – Az. 4 W 62/16) und 30.000 €  (BGH Beschl. v. 22.11.2016 – Az. I ZR 184/15)
  • Streitwert bei 7 falschen AGB- Klauseln: 25.000 € (LG Bochum Beschl. v. 22.03.2006 – Az. 13 O 128/05)
  • Streitwert bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung: 900,00 € (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2007 – Az. I-20 W 15/07)
  • Streitwert bei fehlender Preisauszeichnung im Internet: Je Angriff: 5.000 € (KG Berlin, Beschl. v. 14.11.2006 – Az.: 5 W 254/06)
  • Streitwert bei fehlerhaftem Impressum einer geschäftlich genutzten Facebookseite: 2.000 € (LG Aschaffenburg, Beschl. v. 19.08.2011 – Az. 2 HK O 54/11)
  • Streitwert bei unerbetener Telefonwerbung: 30.000 € (KG Berlin, Beschl. v. 09.04.2010 – Az. 5 W 3/10)

Streitwert im Urheberrecht

Im Urheberrecht haben sich bestimmte Kriterien für die Streitwertbemessung etabliert. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Verwertbarkeit des Werkes. Dabei ist der Verlust des Umsatzes, der durch die Rechteverletzung entstanden ist, zu berücksichtigen.

Filesharing beispielsweise, Dateien also, die auf Tauschbörsen zum Download bereitgestellt werden, stellen aufgrund ihrer hohen und unkontrollierten Verbreitung einen erheblich wirtschaftlichen Verlust für den Rechtsinhaber dar (OLG Köln 23.12.2009 280 O 889/08).

Aber auch die Wiederholungsgefahr wird berücksichtigt. Wurde schon in der Vergangenheit gegen Rechte anderer Urheber verstoßen, wird dies ebenfalls in die Ermessensentscheidung mit einbezogen (OLG Köln 23.12.2009 280 O 889/08).

Auch die Dauer der Rechteverletzung ist für die Ermittlung des wirtschaftlichen Verlustes des Urhebers zu beachten. Je länger das Werk widerrechtlich veröffentlicht wurde, desto höher der wirtschaftliche Schaden. (OLG Braunschweig 14.10.2011 2 W 92/11; AG Elmshorn 19.01.2011 49 C 57/10).

Wie die verschiedenen Kriterien in der Streitwertberechnung gewichtet werden, ist den jeweiligen Gerichten überlassen. Während einige den wirtschaftlichen Wert des Werkes an sich als Grundlage zur  Berechnung nehmen, legen andere Gerichte die Gewichtung eher auf den Lizenzschaden. Der Lizenzschaden richtet sich nach der fiktiven Lizenzgebühr, die danach zu bemessen ist, was die Parteien bei Abschluss eines Lizenzvertrags als vernünftigen Lizenzbetrag für die Nutzung des Rechts vereinbart hätten (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.1990, Az. I ZR 59/88). Der Streitwert wird in einigen Fällen bis zu dem 5-fachen des Lizenzwertes erhoben.

Eine Übersicht zu Streitwerten im Urheberrecht:

  • Streitwert bei Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines Musikstückes: 2.500 € (AG Düsseldorf, Beschl. v. 05.04.2011 – Az. 57 C 15740/09)
  • Streitwert bei Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines Musikalbums: 10.000,00 € (OLG Köln, Beschl. v. 14.03.2011- Az. 6 W 44/11)
  • Streitwert bei Urheberrechtsverletzung durch Verwendung eines Produktfotos für den privaten Verkauf bei Ebay: 600,00 € (OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.10.2011 – Az.: 2 W 92/11)
  • Streitwert bei Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eines Films in einer Tauschbörse: 15.000 € (OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2011 – Az. 6 W 278/11)
  • Streitwert bei Veröffentlichung eines urheberrechtlich geschützten Gedichts auf einer werbefinanzierten Internetseite: 6.000,00 € (AG Düsseldorf, Beschl. v. 30.03.2011 – Az. 57 C 14084/10)
  • Streitwert bei der Veröffentlichung von Raubkopien eines urheberrechtlich geschützten Buches: 29.000,00 € (AG München, Beschl. v. 11.01.2012 – Az. 158 C 23082/11)

Streitwert bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten

Besonders unterschiedlich fällt der Streitwert (gem. § 48 GKG) im Falle von Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Bereich Medien aus. Dabei wird bei der Berechnung des Streitwerts die Höhe der Auflage des jeweiligen Mediums, der Verbreitungsgrad und die Intensität der Verletzung berücksichtigt.

Betrifft ein Zeitungsbericht beispielsweise die Intimsphäre einer Person, ist das Persönlichkeitsrecht stärker verletzt, als wenn der Bericht „nur“ die Privatsphäre des Betroffenen verletzen würde. Auch die Stellung des Betroffenen in der Öffentlichkeit ist zu berücksichtigen. Handelt es sich beispielsweise um eine Person des öffentlichen Interesses, wiegt die Verletzung nicht so schwer, als wenn es sich um eine Privatperson handeln würde.

Auf Grundlage dieser Kriterien haben sich bestimmte Richtwerte in der Rechtsprechung herausgebildet, die als weiterer Anhaltspunkt für die Einzelfallbestimmung herangezogen werden können. Im Fall von Gegendarstellungsbegehren kann demnach von Streitwerten zwischen 10.000 Euro und 50.000 Euro ausgegangen werden.

Eine Übersicht zu Streitwerten im Persönlichkeitsrecht:

  • Streitwert bei der persönlichkeitsverletzenden Veröffentlichung von Nacktaufnahmen eines Prominenten durch eine Zeitung: 80 000 € (LG Hamburg, Beschl. v. 29.05.2009 – Az.  324 O 951/08)
  • Streitwert bei der persönlichkeitsverletzenden Veröffentlichung von WhatsApp- und Facebook-Nachrichten eines bekannten Fußballstars: 70.000 € (LG Köln, Beschl. v. 10. 06. 2015 – Az. 28 O 547/14)
  • Streitwert bei persönlichkeitsverletzender herabsetzender Äußerungen in einem Internetforum: 5.000 € (AG Düsseldorf, Beschl. v. 01.10.2013 – Az. 51 C 9184/13)
  • Streitwert bei persönlichkeitsverletzender, ehrverletzender falscher Tatsachenbehauptungen („üble Nachrede“) auf Facebook: 6.000,00 € (LG Magdeburg, Beschl. v. 18.09.2014 – Az. 9 O 413/14)
  • Streitwert bei persönlichkeitsverletzender unberechtigter Veröffentlichung des Bildnisses einer Privatperson durch eine Zeitung: 10.000,00 €, (LG Münster, Beschl. v. 24. 03. 2004 – Az. 10 O 626/03)

Fazit

Da die Berechnung von Streitwerten im Ermessen der Gerichte liegt, kann nur einzelfallabhängig entschieden werden, eine verbindliche „Tabelle“ hierfür gibt es nicht.

Grobe Richtwerte können bereits entschiedene Urteile bieten. Bei der Durchsetzung besonders hoher Streitwerte ist insbesondere die Überzeugung der Gerichte von der besondere Schwere und Weite der Rechtsverletzung maßgeblich. Es wird empfohlen, dafür einen Rechtsexperten zu kontaktieren.

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