Wann liegt ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor?

Viele Abmahnungen im Internet haben einen wettbewerbsrechtlichen Hintergrund. Es geht – einfach gesagt – darum, dass z.B. ein Internethändler aufgrund einer Regelung in seinen AGB oder aufgrund einer irreführenden Werbeaussage einen Wettbewerbsvorteil hat.

Nun kann ein Internethändler seinen Konkurrenten im Wege einer Abmahnung auffordern, sein Angebot rechtmäßig zu gestalten und den Wettbewerbsverstoß einzustellen. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer derartigen Abmahnung ist daher ein Wettbewerbsverhältnis. Nach Rechtsprechung der Gerichte liegt ein solches Wettbewerbsverhältnis vor, „wenn die Parteien versuchen, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen kann“. So ist klar, dass zwei Webshops die Computerhardware verkaufen gegenseitig Mitbewerber sind. Aber es gibt viele Fälle, bei denen es nicht auf den ersten Blick klar ist, dass ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt.

Ein Wettbewerbsverhältnis setzt zum einen voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen. Es ist aber nicht notwendig, dass zwei Wettbewerber beide im Internet aktiv sein müssen. Ein Wettbewerbsverhältnis nämlich auch dann bestehen, wenn ein Verkäufer (z.B. für Computer-Hardware) selbst gar nicht im Internet verkauft. Wenn gleichartige Produkte zum einen im Internet und zum anderen im Ladengeschäft an Endkunden verkauft werden, ist ein Wettbewerbsverhältnisses unproblematisch gegeben. Denn der Internethändler kann dieselben Kunden (Verkehrskreis) erreichen, die auch das Ladengeschäft betreten können.

Zum anderen ist neben demselben Kundenkreis auch erforderlich, dass sich das Angebot der Waren (oder Dienstleistungen) decken. Es ist dabei bereits ausreichend, wenn sich das Warenangebot nur in wenigen Punkten überschneidet.

Das Oberlandesgericht Braunschweig (vom 27.1.2010 – 2 U 225/09) hat nun in einem Urteil aufgezeigt, dass stets genau geprüft werden muss, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt. In dieser Entscheidung haben die Richter ein Wettbewerbsverhältnis zwischen zwei Internethändlern abgelehnt, obwohl beide Textilien verkauft haben. Die Besonderheit war hier, dass der eine Händler nur Herrenunterwäsche und Herrenbadebekleidung und der andere Händler nur Damenoberbekleidung, Schuhe, Accessoires und Kinderbekleidung verkauft hat.

Aufgrund dieses unterschiedlichen Sortiments hat das Gericht angenommen, dass sich die Kundenkreise beider Händler nicht überschneiden und damit kein Wettbewerbsverhältnis vorliegt:

„Die hiernach erforderliche Austauschbarkeit der Waren kann nicht angenommen werden. Händler A hat Damenoberbekleidung, Schuhe, Accessoires und Kinderbekleidung angeboten, während der Händler B Herrenunterwäsche und Herrenbademode vertreibt. Ein verständiger Durchschnittsverbraucher, der hiernach sucht, greift nicht alternativ zu der von dem Händler A angebotenen Damen- oder Kinderbekleidung, sodass das Angebot des Händlers A den Händler B nicht im Absatz behindern oder stören kann.“

Fazit

Gerade bei Abmahnungen zwischen Gewerbetreibenden im Internet sollte man sich zuerst stets fragen, ob ein Wettbewerbsverhältnis vorliegt, wenn die Abmahnung sich auf das Wettbewerbsrecht stützt.

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